Kafro – Rückkehrer angeschossen – Zweifel an der Sicherheit
Fast mit dem Leben bezahlen musste am 02.05.2011 im Rückkehrerdorf Kafro im Tur Abdin in Südost-Anatolien der 45-jährige Grundbesitzer Israil Demir, als er im Rahmen seines Eigentumsrechts einer kurdischen Hirtengruppe untersagte, ihr Vieh auf dem Gemeindegrundstück zu weiden. Mit Steinwürfen und wüsten Beschimpfungen reagierten die acht Männer, welche im Dienste eines Herdenbesitzers stehen. Bis schließlich einer der anwesenden Schafhirten eine Schrotflinte hervorholte und auf den Grundeigentümer schoss, der lebensgefährlich verletzt zusammenbrach. Zwei weitere Begleiter wurden verletzt.
Es ist kein ungewöhnliches Bild, dass im grenznahen Gebiet zu Syrien und der Mitte Anatoliens Nomaden mit ihren Schafherden umherziehen. Das fruchtbare Land eignet sich hervorragend als Nahrungsquelle für die verschiedenen Nutztiere. Eine kurdische Hirtengruppe, aus Nusaybin (nahe der syrischen Grenze) kommend sah dies genauso und weidete die eigene Schafherde auf einer üppigen Wiese, die teilweise zum Dorf Kafro (türkisch – Elbegendi) und teilweise zum Dorf Arkah (türkisch Ucköy) gehört.
Israil Demir, Miteigentümer des Wiesengrundstücks und Bewohner des Dorfes Kafro, machte sich mit drei Begleitern auf, um die Hirten auf das rechtswidrige Verhalten gegenüber dem Eigentum der Gemeinden Kafro und Arkah hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich bereits drei Bewohner aus Arkah in einer intensiven Diskussion mit den kurdischen Männern. Das auch im Hinblick auf die Tatsache, dass das Weideland für die eigene Tierhaltung genutzt wird.
Freundlich aber bestimmt wurden die im Dienste ihres Herrn stehenden Männer auf ihr nicht akzeptables Verhalten hingewiesen. Die ca. 800 bis 1000 Tiere waren dabei die Graslandschaft kahl zu fressen. Als Resultat sind solche Weiden für lange Zeit nicht mehr nutzbar, was scheinbar billigend in Kauf genommen wurde. Die Situation eskalierte. Es flogen Steine auf die Grundstückseigentümer und deren Begleiter, gefolgt von wüsten Beschimpfungen.
Als sich die Auseinandersetzung zuspitzte, griff einer der Hirten schließlich zur Schrotflinte und zielte damit auf den dreifachen Familienvater Israil Demir, der daraufhin schwer verletzt zusammenbrach. Die anwesenden Bewohner der beiden Dörfer wollten diesem nun zu Hilfe eilen, dabei versuchte die Hirtengruppe dies durch einen weiteren Steinhagel zu verhindern, der auf die Helfer einprasselte.
Nach Bekanntwerden dieses Mordversuches auf Herrn Demir, alarmierten Angehörige sofort den in Midyat ansässigen Notdienst. Dieser entsendete zwei Krankenwagen zum Ort des tragischen Geschehens.
Prekär ist allerdings die Tatsache, dass die kurz nach dem Vorfall benachrichtige Gendarmerie eher zögerlich handelte, welche ebenfalls mit dem Notarzt am Tatort eintraf. Eine sofortige Verfolgung der Täter wurde abgelehnt. Gründe dafür sind bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht ersichtlich.
Der Besitzer einer so großen Herde sollte den Behörden in dieser Region bekannt sein. Damit einhergehend auch die Identität der illegalen Landnutzer. Ein schnelles und beherztes Handeln der lokalen Sicherheitsorgane sollte die Täter der staatlichen Gerichtsbarkeit zuführen.
Israil Demir erlitt durch diesen Zwischenfall lebensgefährliche Verletzungen. Er wurde zunächst in ein Hospital nach Mardin gebracht, musste jedoch aufgrund der Schwere seiner offenen Wunden zwei Stunden später in eine Spezial-Klinik nach Diyarbakir verlegt werden. Zwei weitere Gemeindemitglieder erlitten durch den Steinhagel ebenfalls Verletzungen und wurden lokal versorgt.
Der verletzte Familienvater ist zwar außer Lebensgefahr, doch wird es noch lange dauern, bis er sich von diesem Schicksalsschlag erholen kann. Ob eine völlige Genesung überhaupt möglich ist, bleibt abzuwarten, da bei dem Mordanschlag auch wichtige Organe verletzt wurden. Seine hochschwangere Frau und die drei Kinder stehen unter Schock. Auch hier sind die psychologischen Folgen für die gesamte Familie nicht absehbar.
Ob es nun wieder Sicherheit für die Bewohner des Tur Abdin gibt, ist fraglich. Fakt ist, dass selbst in der heutigen Zeit die Rechte der Minderheiten in dieser Region nicht respektiert werden. Menschen wie Israil Demir haben ihr gesamtes Vermögen aufgebracht, um der ehemaligen Heimat neue Impulse zu geben. Sie sind Vorreiter für eine Region, die von einem wirtschaftlichen Aufbau und einem stabilen Frieden profitieren könnte. Die Rückkehrer der Dörfer im Tur Abdin, die alle aus dem europäischen Raum kommen, haben die Hoffnung, in Ruhe und Frieden dem Land zu neuer Blüte zu verhelfen. Deswegen hatte der jetzt schwer verwundete Familienvater ein eigenes Bauunternehmen gegründet. Doch Investitionen, und besonders wenn diese von westlichen Firmen kommen, bedürfen einer stabilen Sicherheit.
Diese Sicherheit ist nicht gewährleistet, solange die Grundrechte eines jeden einzelnen Bewohners in dieser Region missachtet werden. Die Wildwestmentalität, welche von diesen räuberischen Hirten im Auftrag ihres Herrn an den Tag gelegt wird, darf nicht die Rechtssauffassung dieser Region prägen. Ansonsten sind Anarchie und Selbstjustiz Tür und Tor geöffnet. Das kann nicht Ziel des türkischen Staates sein, welcher letztendlich für die Wahrung der Menschenrechte verantwortlich ist. Die Vermittlung dieser Grundrechte, und sei es als erzieherische Maßnahme, gehört zur Pflicht eines jeden zivilisierten Landes.
Der Entwicklungsverein Kafro verurteilt solche unvernünftige Handlungen zutiefst und bedauert die Zwischenfälle. Die Förderung des Zusammenlebens mit den Nachbarn stellt einen wesentlichen Faktor dar, welcher allen Menschen in dieser Region zugutekommt. Dies zu erreichen ist unser oberstes Ziel, gepaart mit dem Willen allen Menschen, auch auf der sozialen und wirtschaftlichen Ebene, eine Basis zu schaffen.
Das funktioniert aber nur durch gegenseitige Achtung und Respekterweisung eines jeden einzelnen Mitbürgers.
Wir alle wünschen den Verletzten sowie deren Angehörige eine schnelle Überwindung der Ereignisse, ohne gravierende gesundheitliche Folgen.
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