Der Artikel ist Teil einer mehrteiligen Serie mit Berichten und Videos über die Situation in Nordsyrien/Nordirak, entstanden im Frühjahr 2018 - Der Auftaktartikel kann HIER nachgelesen werden.
Es gibt Momente im Leben, die vergisst man nie.
Mit Hassan und Ali, zwei Jungs aus Deutschland, beide mit nahöstlichen Wurzeln und Muslime, erlebte ich solche Momente.
Das, was sie taten, hätte ich von Funktionären muslimischer Verbände erwartet. Mit vielen dieser Funktionäre führte ich in Deutschland öffentliche Debatten und Diskussionen. Bei vielen dieser Gespräche und leider auch Talkrunden, die ich immer wieder als Zuschauer beobachten durfte, ging es immer nur um das Leid der eigenen Gruppe.
Das ist durchaus auch verständlich. Denn unter den aktuellen Kriegen leiden Muslime, Jesiden, Atheisten..., aber auch Christen.
Zu gerne wurde und wird auch von den westlichen Medien gerade das Schicksal der Christen ausgeblendet.
Dabei geht es nicht darum, das eine Leid gegen das andere auszuspielen.
Mehr noch sollte es unser aller Ziel sein, auf die Gesamtsituation hinzuweisen.
Wenn Funktionäre in muslimischen Verbänden Populismus in Europa zurecht anprangern, klingt das leider wie ein Hohn bezogen auf das Schicksal derer, die unter radikal - islamischen Strömungen zu leiden haben.
Und das ist das Problem, weshalb eben jene Funktionäre an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie plötzlich in Deutschland z.B. dem wachsenden und bereits im Vorfeld ersichtlichen Antisemitismus, der Christianophobie, Deutschlandhass, der Verachtung gegenüber der Frau, etwas entgegensetzen wollen.
Müssen das erst Jugendliche mit limitierten Mitteln, mit viel Mut, Ehrgeiz, Kreativität und Leidenschaft machen?
Scheinbar schon! Schande über die, die nicht willens sind, die Realität in ihrer gesamten Bandbreite zu erkennen. Denn während sie, inklusive westlicher Medien, an Glaubwürdigkeit verloren haben, sind es Hassan und Ali, zwei einfache Jungs von der Straße, die Respekt verdient haben. Und das in vielerlei Hinsicht.
Im Gespräch mit meinen beiden Begleitern, Hassan ist in Bagdad auf die Welt gekommen, offenbarten sie mir, dass es ihnen einfach darum geht zu zeigen, dass ihnen das Schicksal aller am Herzen liegt. Beide hatten sich im Vorfeld dazu entschlossen an dieser Reise teilzunehmen, um mehr zu tun als vom sicheren Zuhause nur Kritik in die Tastatur einzuhämmern. Und das, Ali ist noch Schüler und Hassan Student, trotz ihrer geringen finanziellen Mittel. Beide Jugendliche haben die Reise komplett aus der eigenen Tasche finanziert. Für manch einen Politiker oder Angehörigen eines Verbandes, einer NGO oder einer Kirche sind 1000,- € Reisekosten vielleicht nicht viel. Doch für diese beiden Jungs ist es eine Menge Geld. Umso edler ist ihr Handeln. Denn sie brachten ein persönliches Opfer dar, um ein Zeichen zu setzen.
Mit einer Leidenschaft, Ehrlichkeit und Hingabe, die vielen in Europa, angefangen von Vertretern der Politik bis hin zu Funktionären, fehlt. Von populistischen Kritikern ganz zu schweigen, die im Gegensatz zu Hassan und Ali noch nie in ihrem Leben erlebt haben, was Krieg in einem jungen Menschenleben bedeutet.
Ich war und bin mächtig stolz, solche engagierten Bürger zu kennen.
Das folgende Video, aufgenommen bei einem Besuch in einem christlichen Flüchtlingsheim, gibt einen Höhepunkt unserer Reise wider, bevor wir uns trennten und unabhängig voneinander weitere Ziele ansteuerten.
Simon Jacob,
1. März 2018, Bagdad /Zentralirak
Buchtipp:
Seit Jahren reist Simon Jacob durch Länder wie Syrien, Irak oder Iran. Als Angehöriger eines wichtigen Clans gelangt er an Orte, die für andere nie zuganglich waren. Dort spricht er mit Menschen, immer auf der Suche: der Suche nach Frieden, auch seinem eigenen Inneren. Seine Reise schildert auch die Schrecken dieser Kriegsgebiete. Aber mehr noch zeigt dieses Buch, dass und wie Friede wirklich möglich ist. Eine Botschaft, die vor allem in diesen Tagen Mut und Hoffnung macht und motiviert, zu kämpfen für eine bessere Zukunft und für etwas, was Simon Jacob ausgerechnet im Irak und in Syrien wiedergefunden hat: Menschlichkeit.
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