Autor: Daniela Hofmann
Ort: München, Deutschland
Kategorie: Rede
Rubrik: Politik
Datum: 03.02.2018
Portal: www.simonjacob.info
Textdauer: ca. 3 Min.
Sprache: Deutsch
Titel: „Hände weg von Efrin“
„Hände weg von Efrin“
Unter dieses Motto stellte ein Aktionsbündnis vor kurzem eine Demonstration in München, die sich vor allem gegen den Angriff der türkischen Streitkräfte und ihrer Verbündeten auf die in Nordsyrien ansässige Bevölkerung, im speziellen die Kurden, und die Waffenlieferungen der Deutschen Bundesregierung an die Türkei, richtete.
Im Laufe des syrischen Bürgerkrieges und dem Kampf gegen den IS haben sich in einem Gebiet im Norden Syriens, auch Rojava genannt, eigene Verwaltungsstrukturen nach Schweizer Vorbild gebildet: die drei Kantone Efrim, Kobane und Cizire. In ihnen konnten die verschiedenen Ethnien und Religionen weitestgehend friedlich zusammenleben und auch die Frauen konnten sich in weiten Teilen der Unterdrückung durch das Patriarchat entledigen und ein selbstbestimmtes Leben führen. So schrieb beispielsweise die selbstgegebene Verfassung vor, dass mindestens 40% der Ministerämter von Frauen besetzt sein müssen. Tatsächlich waren es sogar 50%.
Militärisch gestützt wird die Autonomieregion durch die SDF – Syrian Democratic Forces, einem Zusammenschluss der kurdischen YPG, ihrem weiblicher Pedant, der YPJ, der christlichen MFS – Syriac Military Council, mehreren sunnitisch arabischen Stämmen, turkmenischen Gruppierungen und Teilen der „FSA – Freien Syrischen Armee“. Die SDF wurden in Kampf gegen den IS von den NATO-Partnern Amerika, Frankreich und Großbritannien mit Angriffen aus der Luft unterstützt, während Deutschland, indirekt, mit Luftbildern seiner Tornado-Aufklärer zum Erfolg beitrug. „Sie haben auch für unsere Freiheit gekämpft“, so der freie Journalist Simon Jacob in seiner Rede.
Anders als der Westen sieht der türkische Staatspräsident Erdogan die SDF als Terrororganisation und Verbündeten der als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans, kurz PKK, und damit als Bedrohung für die Türkei. Mit dieser Argumentation rechtfertigt er auch den Angriff auf Efrim, der, wenn man die UN-Charta und das Völkerrecht zugrunde legt, völkerrechtswidrig gewesen sein dürfte. Viele sehen diesen Krieg nicht als einen Verteidigungskrieg, sondern als einen Krieg gegen die Kurden, um sie als eigene Ethnie auszulöschen. „Wir haben jetzt die Situation und es ist das, was uns tief schmerzt und mich persönlich tief berührt“, so Jacob weiter, dass „diejenigen, die uns vorher dabei unterstützt haben, den Terrorismus zu bekämpfen, den Extremismus, den Dschihadismus, den religiösen Fanatismus, plötzlich verraten werden.“ Der Vorwurf des Terrorismus sei laut Simon Jacob jedoch nur ein Vorwand. Tatsächlich befinden sich in der Türkei drei bis vier Millionen syrischer Flüchtlinge, die teilweise den Arbeitsmarkt unterwandern. Für diese brauche man Territorium. Und während man die Kurden als Feind ausmache, laufe die Kriegsmaschinerie und die jungen Soldatinnen und Soldaten auf beiden Seiten würden zum Spielball derer, die Waffen verkaufen und gierig nach Macht seien. Es sterben Kinder, Söhne, Töchter, für nichts. Die universellen Menschenrechte wie Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung der Geschlechter müssen für alle gelten, so Jacob zum Ende seiner Rede. „Menschenrechte sind nicht verhandelbar“.
Dass die Demonstration, an der laut Polizeiangaben rund 1000 Menschen teilgenommen haben sollen, trotz einer sehr angespannten Stimmung im Vorfeld, weitestgehend ruhig verlief, ist dem besonnenen Verhalten der Veranstalter und der Polizei zu verdanken, die auch die phasenweise von außen kommenden Provokationen im Griff hatten.
Daniela Hofmann
Oannes Journalism