Die öffentliche Wahrnehmung Orientalischer Christen durch die Medien in Bezug auf den Artikel von Kath.Net. vom 02.10.2015
Zentralrat orientalischer Christen: „Warum ignoriert ihr uns noch immer?
Ort: München, Deutschland
Zentralrat orientalischer Christen: "Warum ignoriert ihr uns noch immer?"
In einem offenen Brief wies Simon Jacob, Vorsitzender des Zentralrates Orientalischer Christen in Deutschland, über die mediale Diskrepanz in der Berichterstattung hin, wenn es in den Talksendungen um den Nahen Osten ging, im Speziellen um die christliche Minderheit. Zumeist fanden sich dort die Vertreter muslimischer Verbände, der beiden großen Kirchen in Deutschland, Journalisten oder Angehörige verschiedener Parteien als Experten ein. Orientalische Christen? – Fehlanzeige.
Hat sich seitdem etwas geändert? – Nein!
Warum nicht?
Weil sie Christen sind?
Weil sie sich zu ihrer Religion bekennen, dem Christentum, dem im Übrigen auch ich als „bajuwarische Katholikin“ angehöre?
Weil sie die Politisierung der Religionen kritisieren, was ich leider bei so manchem deutschen Politiker vermisse?
Weil sie die Scharia kritisieren, die meiner Meinung nach nicht mit unserem Grundgesetz kompatibel ist?
Oder liegt es doch eher daran, dass die Medien ein ambivalentes Verhältnis zum Christentum als Religion haben?
Viele orientalische Christen sind größtenteils aus dem Nahen Osten nach Deutschland gekommen, weil sie als christliche Minderheiten in ihrem Heimatland wenig Aussicht auf eine sichere Zukunft hatten. Als religiöse und politisch-verfolgte Randgruppe waren sie in ihrer Heimat oft verschiedenen Unterdrückungen ausgesetzt. Mit dem Wirtschaftswunder in Deutschland wurden in den 1960er Jahren zunehmend Arbeitnehmer aus dem Ausland gesucht und angeworben. Viele bedrängte Christen nutzten diese Gelegenheit und kamen als „Arbeitsmigranten“ nach Deutschland.
Sie haben ihr Heimatland meist nicht aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, sondern um den schlechten Lebensbedingungen in ihrer Heimat zu entkommen und mit dem Ziel, sich später in der Bundesrepublik eine gut situierte und sichere Existenz aufzubauen. Heute leben allein in Deutschland geschätzte 650.000 orientalische Christen, die sich fest eingebürgert und etabliert haben und den unterschiedlichen altorientalischen Kirchen angehören. Die orientalischen Christen haben sich immer um Anpassung und Integration in ihrer neuen Heimat bemüht. Viele, vor allem Angehörige der zweiten Generation, fühlen sich als Deutsche orientalisch christlichen Glaubens und nicht als Orientale im Exil. Sie stellen die pluralistische Gesellschaft nicht infrage und haben mit ihren nahöstlichen Wurzeln keinen historischen Bezüge zur christlichen Kolonialisierung Südamerikas oder zur NS-Diktatur.
Sind das die Gründe, warum man sie ignoriert? Weil sie die pluralistische Gesellschaft nicht infrage stellen?
In den Talkshows Deutschlands wird ab und zu über sie gesprochen…
Aber nie mit ihnen!
Warum nicht?
Sind sie nicht auch ein Teil der Bevölkerung wie andere deutsche Staatsbürger, die ihrem muslimischen, jesidischen, jüdischen, buddhistischen... Glauben nachgehen?
Sitzt Eure Verachtung gegenüber dem christlichen Glauben so tief, dass Ihr das tut, wogegen Ihr eigentlich seid?
Pauschalisierung...
Stigmatisierung...
Schubladendenken...
Simon Jacob durfte sich als Vorsitzender des Zentralrates Orientalischer Christen in Deutschland von einem Vertreter einer der Politik nahestehenden Menschenrechtsorganisation in Deutschland anhören, orientalische Christen wären homophob, islamophob, frauenfeindlich – im besonderen er. Gefolgt von den Worten: "...Ihr Patriarch Kyrill...".
Dabei gehört der erwähnte Geistliche der byzantinischen Kirche an, während die deutsch - orientalischen Christen aber den Altorientalen zuzuordnen sind. Wir haben in Deutschland viele verschiedene altorientalische Kirchen vertreten, die Griechisch-Orthodoxe mit über 400.000 und die Syr.-Orthodoxe Kirche mit weit über 120.000 Mitglieder als zahlenmäßig stärkste. Andere gehören der Armenisch-Apostolischen Kirche an, der Koptisch-Orthodoxen Kirche, der Rum-Orthodoxen Kirche, der Chaldäischen Kirche, der Assyrisch-Apostolischen Kirche des Ostens, der Maronitischen Kirche usw.
Glaubt ihr wirklich, sie zu kennen?
Nein, die wenigsten kennen sie wirklich. Im Gegenteil. Die meisten meiner Gesprächspartner in den letzten Jahren waren überrascht, dass es "nahöstliche" Christen gibt. Dabei sind gerade die nahöstlichen Christen aufgrund ihrer jahrzehntelangen Erfahrungen mit der Unterdrückung durch eine ultraorthodoxe Auslegungen des Islams, einhergehend mit der Politisierung der Religion, sensibilisiert auf dieses Thema - einem Thema, das in Deutschland zunehmend an Brisanz gewinnt.
Und dennoch ignoriert Ihr sie...
Warum?
Daniela Hofmann
Buchtipp:
Seit Jahren reist Simon Jacob durch Länder wie Syrien, Irak oder Iran. Als Angehöriger eines wichtigen Clans gelangt er an Orte, die für andere nie zuganglich waren. Dort spricht er mit Menschen, immer auf der Suche: der Suche nach Frieden, auch seinem eigenen Inneren. Seine Reise schildert auch die Schrecken dieser Kriegsgebiete. Aber mehr noch zeigt dieses Buch, dass und wie Friede wirklich möglich ist. Eine Botschaft, die vor allem in diesen Tagen Mut und Hoffnung macht und motiviert, zu kämpfen für eine bessere Zukunft und für etwas, was Simon Jacob ausgerechnet im Irak und in Syrien wiedergefunden hat: Menschlichkeit.
Bestellbar über